XJazz Festival vom 08. bis 12. Mai 2019
Die „Jazzpolizei“ hätte viel zu tun gehabt um die Grenzen des Jazz zu sichern, aber wer will das schon und geschafft hätte sie es auch nicht. Zu vielfältig, interessant und genreübergreifend war wieder das Programm der 6. Auflage des XJAZZ-Festivals im 36. Berliner Stadtbezirk.
Mehr als 60 Konzerte und Veranstaltungen, mit laut Veranstalter 21.000 Besuchern machten es erforderlich, sich vorher das Programm genau anzuschauen und einen persönlichen Konzertplan zu erstellen.
Um die Wegzeiten zwischen Hotel Orania und dem LIDO möglichst kurz zu halten, wurde schnell die MOBIKE-App installiert (Anm.: der Fahrradverleiher mit den orangefarbenen Zweirädern die an jeder Straßenecke stehen oder liegen).
Zwischen diesen beiden Veranstaltungsorten liegen dann das BiNuu, der Privatclub, die Emmauskirche, der FluxBau und das SO 36, von mir bei den Auftritten von Kate Tempest und den Herren von MEUTE besucht.
Die beiden letztgenannten Konzerte hatten eine knallvolle Konzerthalle (oder passender Konzertröhre) und begeistertes Publikum gemeinsam, ansonsten waren sie doch schon recht unterschiedlich.
Am Mittwochabend zieht Kate Tempest, nur mit einer Keyboarderin auf der Bühne stehend, dass Publikum mit ihrem predigtartigen Sprechgesang in ihren Bann. Am folgenden Abend feiert die 11 köpfige MEUTE heftig ab und verbringt die letzte Viertelstunde, des nicht nur auf der Bühne schweißtreibenden Auftritts, im Publikum. Yes. So kann „Blasmusik“ klingen.
Im Orania, von einem meiner Berliner Bekannten auch als Gentrifizierungstempel benannt, ging es in der 5. Etage auf Sofa, Sessel oder an der Bar sitzend eher klassischer und akustisch aber auf keinen Fall weniger spannend zu.
Nach dem Auftakt am Mittwochabend mit AXIOM standen dort mit LRK und der Band um Harfenspielerin Kathrin Pechloff weitere Trios auf meinem Festivalprogramm.
Es ist schwierig, einen Headliner des Festivals zu benennen. Waren es The Bad Plus im BiNuu? Die Afrobeat Combo Kokoroko? Die bereits oben genannte Kate Tempest? Bugge Wesseltoft, Dan Berglund und Magnus Öström aka Rymden?
Da ich vor vielen Jahren mehrfach die legendären E.S.T. live erleben durfte, war es auch das Konzert der drei Skandinavier, auf dass ich mich besonders gefreut habe… und ich wurde nicht enttäuscht. Trotz der Enge im ausverkauften (?) LIDO hat der Konzertbesuch Spaß gemacht.
Eines der Konzerte oder vielleicht doch eher Performance, die mir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist, war der Auftritt von The Liz. Passend zu einer Videopräsentation eine fast komplett dunkle Emmauskirche, elektronische, sphärische Klänge von Liz Kossack und Korhan Erel, dazu Trompeteneinsätze von Liz Allbee. Geschlossene Augen bei einigen Besuchern – ok, da war dann nix mit Video an der Kirchenwand.
Zusätzliche Stuhlreihen wurden in der 1893 fertiggestellten Kirche am Samstagabend aufgebaut. Die junge Pianistin Hania Rani sorgte für einen Besucherandrang wie zum Weihnachtsgottesdienst.
Übrigens…nur wenige Schritte von der Kirche entfernt liegt das ägytpische-marokanische Restaurant Baraka, dass ich fest in meinen Festivalplan integrierte und mehrfach für Snacks aufsuchte. Empfehlung!
Sehr schön empfand ich den Publikumsmix des XJAZZ-Festivals. Bunt gemischt, sämtliche Altersklassen vertreten, so dass das Klischee vom Cordsakko tragendenden Pädagogen getrost vergessen werden kann.
Ziemlich gut die Aktion beim Konzert des 89 jährigen (gerade im Netz nachgeschaut) Klarinettisten Rolf Kühn, einige Stuhlreihen mit Schildern „für ältere Jazzfans“ (o.ä.) zu versehen.
Der Musiker mit den meisten Auftritten dürfte mit Sebastian Studnizky, der künstlerische Leiter und XJAZZ-MitInitiator gewesen sein. Als „special guest“ habe allein ich ihn bei Spacepilot, zusammen mit Arnold Kasar oder Peter Weniger spielen sehen.
Zusammengefasst, wieder ein super XJAZZ-Festival und ich freue mich schon jetzt auf die nächste Ausgabe vom 06. – 10.05.2020
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Fotos und Impressionen vom XJAZZ Festival 2019
Im Netz: www.xjazz.net